Landtagskandidaten stellen sich den Fragen von Neunt- und Zehntklässlern aus Glückstadt
verfasst von Herbert Frauen
Eine Demokratie funktioniert nur so gut wie die Bürger, die sich daran beteiligen. Wenn wir ein freies, friedliches und demokratisches Land bleiben wollen, dann müssen wir uns dafür engagieren und unser Wahlrecht wahrnehmen.“ So begrüßte Thorsten Giese als stellvertretender Schulleiter der Elbschule die Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen zu einem Dialog mit den Direktkandidaten zur Landtagswahl im Wahlkreis Mittelholstein.
Volkshochschule ist traditionell Veranstalter
Von der Volkshochschule eingeladen waren die Kandidaten der im Landtag vertretenen Parteien. Gekommen waren Otto Carstens (CDU) zusammen mit Patrick Pender (der Direktkandidat aus Norderstedt vertrat ihn später in der Diskussion), Gerlinde Böttcher-Naudiet (SPD), Stefan Goronczy (FDP) und Malte Krüger (Grüne). Die AFD-Kandidatin Christina Brieskorn hatte abgesagt.
In der kurzen Vorstellungsrunde erklärten die Kandidaten den Jugendlichen ihre politischen Schwerpunkte. Otto Carstens (40) aus Itzehoe ist Jurist und arbeitet derzeit als Dezernent in der Kreisverwaltung. Er nahm Bezug auf das 157 Seiten lange Landeswahlprogramm der CDU. „Die CDU ist die Partei der Mitte und möchte einen Ausgleich herstellen zwischen den ökologischen Zielen mit dem wirtschaftlich Machbaren.“
Es müsse eine Balance der Interessen hergestellt werden, um das Land weiterzuentwickeln. Er sprach sich für den Ausbau der Windenergie und von Photovoltaikanlagen auf Dächern und Freiflächen aus. „Auch Solarparks auf wiedervernässten Mooren sind eine gute neue Idee, um etwas für die Umwelt und die alternative Energieerzeugung zu tun.“
Stefan Goronczy (49) lebt seit 22 Jahren in Glückstadt. Der gelernte Bankkaufmann mit einer Zusatzqualifizierung als Diplomkaufmann arbeitet als Finanzanalyst in Hamburg. Er verwies auf seinen persönlichen Erfolg und den der FDP, dass der Kreis Steinburg jetzt im HVV ist.
„Wir brauchen eine starke Infrastruktur, um unsere Wirtschaftskraft nutzen zu können. Mit Itzehoe, Heide und Brunsbüttel sind wir mit innovativen Techniken für die Energiespeicherung zu einer Boom-Region geworden.“ Um diese Entwicklung zu fördern, brauche es bestens ausgebildete Jugendliche, die an den Schulen gut ausgestattet werden müssen.
Gerlinde Böttcher-Naudiet (60) kommt aus Horst und ist Diplom-Bibliothekarin und Arbeitsvermittlerin. Seit 13 Jahren ist sie Mitglied im Kreistag und dort sozial- und personalpolitische Sprecherin. Sie verwies auf ihre persönlichen Erfahrungen als Flüchtlingskind mit sechs Geschwistern. Deshalb setze sie sich besonders für die sozialen Belange der Menschen ein. Zur Schulpolitik sagte sie: „Homeschooling hat uns gezeigt, dass wir in der Digitalisierung besser werden müssen. Jeder Schüler ab Klasse 8 sollte ein digitales Endgerät zur Verfügung haben.“ Als weitere politische Schwerpunkte nannte sie die Gleichstellung, die Pflege, die Inklusion und die Klimapolitik. „Hier haben wir einiges verschlafen. Wir sehen inzwischen, wie abhängig wir sind.“
Malte Krüger (29) kommt aus Wewelsfleth in der Nähe des Kernkraftwerks Brokdorf und ist durch die Anti-AKW-Bewegung Mitglied bei den Grünen geworden. Er arbeitet als Lehrer in Itzehoe und ist seit einem Jahr Kreisvorsitzender der Grünen. „Wir sind zwar seit zehn Jahren an der Landesregierung beteiligt, konnten als kleiner Partner aber leider nicht genügend von unseren Zielen Klimaschutz und Bildungsgerechtigkeit durchsetzen.“
Schleswig-Holstein habe einen Standortvorteil bei der Energieerzeugung durch den vielen Wind. Durch den Bau der Batteriefabrik in Heide komme neuer Schwung für das Land in die Energiewirtschaft.
Klima und Energie beschäftigen Schüler
Bei den anschließenden Diskussionen in den fünf Klassenräumen konnten die Fragen der Schüler im Dialog erörtert werden. Ein Schwerpunkt waren dabei das Ziel der Klimaneutralität und die Erzeugung alternativer Energieformen. Aber auch die Energieeinsparung durch Gebäudesanierung und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs bewegten die Jugendlichen. Beim Ausleben der persönlichen Freiheit ging es um sexuelle Vielfalt und den Genuss von Cannabis, Freizeitangebote und den Umgang mit Lebensmitteln.
Am Ende der Veranstaltung waren die Schüler dankbar dafür, ein persönliches Gespräch auf Augenhöhe erlebt zu haben. Schülersprecherin Dilara Sohr (16) aus der 10. Klasse: „Wir wurden ernst genommen und es ergaben sich interessante Gespräche. Ich fand es gut, die Politiker auch als Menschen kennen zu lernen. Mir hat es bei meiner Wahlentscheidung geholfen und in einigen Punkten habe ich sogar meine Meinung geändert.“
Die unter den Schülern anfangs verbreitete Meinung „Meine Stimme bringt doch sowieso nichts“ habe sich verändert in: „Ich möchte mein demokratisches Wahlrecht wahrnehmen.“
Quelle: SHZ